Ein Kurzfilmfestival über die Göttinger Universitätssammlungen
mit Kurzvorträgen und einer Präsentation ausgewählter Objekte
Montag, 15. Juli, ab 17 Uhr
Kino Lumière, Geismar Landstraße 19, 37083 Göttingen
Tickets können ab sofort beim Kino Lumière reserviert werden (per Mail an info@lumiere.de oder unter Telefon (0551) 484523).
In den vergangenen anderthalb Jahren haben wir uns damit beschäftigt,
ausgewählte Göttinger Universitätssammlungen mit Hilfe ethnografischer
Filme zu bearbeiten. Wir, das ist das Curriculum Visuelle Anthropologie,
kurz CVA, ein Masterprogramm des Instituts für Kulturanthropologie /
Europäische Ethnologie der Georg-August-Universität Göttingen.
Die Basis unserer Projektarbeit gründet einerseits auf einer umfassenden
filmtheoretischen Ausbildung im Rahmen kulturanthropologischer
Lehrveranstaltungen von Bildgestaltung bis hin zu (kritischen)
Museologieanalysen und Ansätzen der Wissensanthropologie. Zum anderen
aber sorgten insbesondere praxisbasierte Methodikseminare und
regelmäßige Übungen zu routinierter Anwendung von Technik und
Schnittsoftware. Unter der Leitung von Dr. Torsten Näser, Dr. Frauke
Paech und Oliver Becker sammelten wir die nötige Expertise, mit der wir
in fünf Kleingruppen ins Feld „Göttinger Universitätssammlungen“ zogen.
Neben den Filmvorführungen und Kurzvorträgen unserer Gastsprecher*innen
möchten wir auf der Premierenfeier auch die Gelegenheit bieten,
ausgewählte Objekte im Rahmen einer Miniausstellung zu begreifen. Das
Kino wird in ein Kino der Dinge verwandelt. Es sei nur soviel verraten,
dass die Exponate in jeweiligem Bezug zu einem Film stehen. Sie sorgen
für die sprichwörtliche Greifbarmachung von Wissenschaft und somit für
ein multisensorisches Erleben unserer Projektarbeiten.
Moderation: Judith Blume (Frankfurt/Main)
17.00 Uhr
17.30 Uhr
von Maren Aldermann und Ann-Sophie Wiegel // 25 Min. Keynote: Johanna Lessing (Göttingen) mit anschl. Diskussion
18.15 Uhr
von Agatha Czarny und Lena Philipp // 15 Min. Keynote: Daniela Döring (Göttingen) mit anschl. Diskussion
18.50 Uhr
von Stella Bandemer, Wiebken Nagel und Mara Schepsmeier // 35 Min. Keynote: Karen Nolte (Heidelberg) mit anschl. Diskussion
19.45 Uhr
20.30 Uhr
von Zoe Back und Till Simons // 23 Min. Keynote: Sonja E. Nökel (Göttingen) mit anschl. Diskussion
21.15 Uhr
von Björn Höller, Kai Hornburg und Christian Schmidt // 25 Min. Keynote: Christian Vogel (Göttingen) mit anschl. Diskussion
22.00 Uhr
Sensible Objekte befinden sich in verschiedenen Sammlungen der Universität Göttingen.
Es handelt sich dabei um Objekte, die aus heutiger Perspektive vor allem aus ethischen Gründen als
sensibel eingestuft werden. Darunter fallen auch Human Remains, also menschliche Überreste, die sich von
anderen sensiblen Objektgruppen aufgrund ihrer Eigenschaft als Körperfragmente eines (ehemaligen) Menschen
abheben und so eine Sonderrolle einnehmen.
Wie gehen verschiedene Sammlungsmitarbeiter*innen vor ihren jeweiligen Fachhintergründen in ihren
unterschiedlichen Arbeitspraxen mit Human Remains um? Wie verändert sich der Blick auf die Objekte im
Prozess der Arbeit an und mit ihnen? Ist es überhaupt möglich, solche Objekte a priori als sensibel
einzustufen oder verändert sich die Sensibilität von Objekten je nach historischen, kulturellen und
sozialen Kontexten?
Diesen und anderen Fragen versucht sich der Film anzunähern und dabei unterschiedliche Perspektiven in
Bezug auf die Arbeit mit menschlichen Überresten aufzuzeigen.
Museale Räume erzeugen bestimmte Atmosphären, die sich in die Körper der Besucher*innen
einschreiben. Zudem beeinflusst das Wissen um ein adäquates Verhalten an diesen wissenschaftlichen Orten
die Art und Weise, wie sich Menschen den ausgestellten Objekten annähern, wie sie sie erfahren und
wahrnehmen. Mit dieser sinnlichen Wahrnehmung der Besucher*innen setzt sich der Film auseinander.
Er versucht herauszufinden, wie menschliche Körper durch den musealen Raum in eine bestimmte Form gebracht
werden. Exemplarisch werden Besucher*innen auf ihrem Gang durch drei unterschiedliche Ausstellungsräume
begleitet: die Musikinstrumentensammlung, die Sammlung der Gipsabgüsse antiker Skulpturen und durch den
Alten Botanischen Garten.
Der Film nimmt die Göttinger Sammlung zur Geschichte der Geburtsmedizin mit Objekten
aus dem 18. und 19. Jahrhundert zum Ausgangspunkt, um Diskussionen rund um die Geburtshilfe anzuregen.
Männliche Geburtshelfer und ihre Studenten bekamen in der damaligen Entbindungslehranstalt erstmals Zugang
zu Geburten, die vorher als Hausgeburten von Hebammen durchgeführt wurden.
Vor Ausstellungsvitrinen mit Zangen, Wachsmoulagen, Geburtsstühlen und Muttermundmodellen setzen sich zwei
Hebammenschülerinnen und zwei Medizinstudierende mit den Ursprüngen ihrer Disziplinen auseinander.
Gemeinsam mit den jungen Ausstellungsbesucher*innen nähern sich die Zuschauer*innen Fragen von Geschlecht
und Arbeitsteilung in der Geburtshilfe, der Ausbildung am Phantom und mit dem lebendigen Menschen sowie
der Beziehung zwischen Patientin und Behandler*in.
Einem Pappkarton auf der Spur, der an einem frühen Morgen in der Abteilung für
Historische Anthropologie abgegeben wird, ermöglicht der Film Einblicke in den Arbeitsalltag des Hauses,
der angegliederten Sammlung sowie zweier dort arbeitender Anthropologinnen.
Die Sammlung hat eine
lange Geschichte und umfasst unter anderem archäologische Skelettserien, eine Schädelsammlung sowie
mumifizierte Körper. Diese und weitere Objekte wurden und werden in unzähligen Kartons gesammelt und
sorgfältig archiviert.
Doch was lässt sich aus Zähnen eigentlich lesen und was können kleinste Knochenfragmente über
vergangenes Leben erzählen? Wie arbeiten Anthropolog*innen konkret und wie werden in diesem Feld
Erkenntnisse generiert und weiter vermittelt? Der Film holt die Zuschauer*innen bei diesen Fragen ab und
nimmt sie mit in die
Welt der Knochen, Zähne und Schädel.
Was passiert, wenn wildwuchernde Natur in Sammlungsobjekte überführt wird? Volker Meng und sein kleines
Team widmen sich dieser schier unmöglichen Aufgabe seit vielen Jahren. Der Kustos des forstbotanischen
Gartens gibt Einblick in den Alltag wissenschaftlicher Sammlungsarbeit und zeigt im Umgang mit den
Dingwelten des Gartens, was es bedeutet, lebendige Objekte zu kuratieren.
Der Forstbotanische Garten ist ein Ort angehäuften Wissens, eine Ausstellung unter freiem Himmel,
in der
die intellektuelle Betrachtung mit multisensorischen Eindrücken zusammenfällt. Und doch ist dieses Wissen
bedroht, die Ordnung der Ausstellung anhaltend mit dem Chaos der eigenwilligen Umwelt konfrontiert und die
lehrreiche Auseinandersetzung mit den Sammlungsobjekten weicht zugunsten einer überhandnehmenden
sensuellen Erfahrung.
Vermessung, Abstraktion und Objektivierung treffen im „Garten der Dinge" auf
das grüne Leben. Und mitten in diesem Spannungsfeld ist Volker Meng.